Endlich schönes Wetter
Shownotes
Text und Stimme: Ursula Holsten Lektorat: Evi Kleinöder Ton: Tobias Fischer Foto: Gisela Gürtler
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„Endlich schönes Wetter“
Es regnet. Es regnet kräftig. Die Straße ist richtig nass, mit großen Pfützen. Gerade ist das laute Rauschen in ein leises übergegangen. Im Hintergrund donnert es ausgiebig und es blitzt hie und da, schon wieder weiter weg.
Ich sitze auf dem Balkon und wundere mich, warum die anderen Balkone leer sind. Ein Glas Wein, ein paar Chips. Ein Apéro zur Feier des schönen Wetters. Ein Donner, langsam rollt er von links nach rechts. Die Tropfen werden weniger. Bleib Regen – bleib! Welche Wohltat nach einer Woche in der Großstadt mit über 30 Grad.
Ich erinnere mich, dass ich als Kind über Kinder in Indien oder Afrika gelesen habe, die beim ersten Regen nach der Trockenzeit erfreut hinaus gelaufen sind. Die ersten Tropfen, das Prasseln auf der Haut, das erfrischende und langersehnte Nass. Welches Fest! Für mich – wochenlange Zeiten des Regens gewohnt und im kühlen und dusteren Hochnebel sitzend, war das ein beeindruckender Gedanke.
In Zeiten von Waldbränden und viel zu langen Trockenperioden ändert sich die Sicht auf Dinge. Auch aufs Wetter. Natürlich ist ein Starkregen auf vertrocknetes Land problematisch, doch das heute ist eine willkommene Erfrischung. Eine Gelegenheit durch zu atmen, dem Regen zu lauschen und mich zu freuen. Endlich „schönes Wetter“.
Bitte mehr davon, dann brennt der Grunewald nicht mehr. Bitte eine Verschnaufpause nach so viel Hitze! In meiner Wetterapp derweilen wieder eine „Unwetterwarnung“ nach der anderen. Es wird Bilder geben von Überschwemmungen, irgendwo auf der Welt. Katastrophenberichte verkaufen sich besser als der Bericht „heute ein erfrischender Sommerregen zu erwarten!“.
Gerade hat es wieder gedonnert. Welch beeindruckendes Geräusch, ein tiefes Grollen. Die Natur meldet sich mit kräftiger Stimme zu Wort. Eine Stimme, die – dank Blitzableitern – ihren Schrecken verloren hat. Nicht aber ihre Kraft.
Der Donner ist weiter gezogen. Die Kartoffeln für meinen Kartoffelsalat sind völlig zerkocht, macht nichts. Das Tropfen des Regens ist schon wieder leise – eher ein Echo. Einzelne Blitze leuchten noch. In der Luft bleibt der Duft des Regens hängen. Ein erdiger Duft, eine Frische, obwohl der Regen auf Teer gefallen ist, auf eine stickige, stinkige Stadt. Einatmen, tief durchatmen und alle Fenster öffnen um diesen Moment zu verlängern. Von der Frische einen Hauch hinüber retten, in die nächsten Tage mit all zu schönem Wetter.
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