Ostern im Chor und ein Willkommensfest

Shownotes

Text und Stimme: Ursula Holsten Lektorat: Evi Kleinöder Ton: Tobias Fischer Foto: Gisela Gürtler

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Ostern im Chor und ein Willkommensfest

Meine Freunde kriegen Kinder und viele lassen sie taufen. Ich bin erstaunt, weil Religion und Kirche in unseren Gesprächen kaum eine Rolle spielt. Es sind schöne Feste und meine Freundin meint auf die Frage, warum sie ihr Kind denn tauft „um die Familien und die Freunde zusammen zu bringen und das Kind willkommen zu heißen“. Ein guter Gedanke.

Meine Tochter kommt auf die Welt. Die katholische Pfarrei in der Großstadt ist wenig einladend. Alte Männer predigen uralte Moralvorstellungen. Kein guter Ort um heimisch zu werden. Da überwiegen die Fragen, warum ich meine kleine Tochter in einer völlig überalterten Institution „anmelden“ soll, die Frauen noch immer nicht für würdig befinden oder für fähig hält das Priesteramt auszufüllen. Wir entscheiden uns also gegen eine Taufe, doch feiern wollen wir trotzdem. Also laden wir zu einem „Willkommensfest“ ein. In einem Umweltzentrum basteln Familie und Freunde eine große Kerze, die Patin und der Pate begrüßen sie. Die Menschen, die wir zu der Zeit für die Kleine als wichtig erleben, lernen sich kennen.

Zwei Jahre später, ich bin in einer anderen Pfarrei im Kirchenchor und da gut angekommen, holen wir die kirchliche Taufe nach. Der Pfarrer wundert sich, dass die „Taufkerze“ schon mal gebrannt hat. Das Taufkleid ist verschollen. Doch das ist eine andere Geschichte...

Mein Chor singt beim Taufgottesdienst „An Irish blessing“ für meine Tochter, es geht in dem alten irischen Lied um eine Ermutigung für Aufbrechende. Es geht darum auf dem Weg nicht allein zu sein: „And until we meet again, until we meet again, mai God, may God hold you in the palm of his hand“. Ich mochte schon als Kind die Idee, auch allein auf dem Weg, nicht allein zu sein.

Das Lied mit meinem Chor zu singen ist schön. Überhaupt schätze ich es, dass bei kirchlichen Veranstaltungen die Musik allgegenwärtig ist. Gerade in der Osterzeit verabschieden wir uns im Kirchenchor mit „bis bald“. Als Chorsängerin schaffe ich es die Ostertage bewusst zu erleben: Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag bis zur Osternacht. Es geht in den Gottesdiensten um Freundschaft, (Todes)Angst, Verlust und Hoffnung. Musikalisch ist so ein Gottesdienst oftmals eine Reise ins 16. / 17. Jahrhundert: Wir singen, die selben Lieder, die Menschen in der Bauzeit alter Kirchen gesungen haben. Manche eigene Ängste und Wünsche erkenne ich in den Liedern wieder. Ich merke, dass für mich Begriffe wie „Sünde“ an Schwere verloren haben, doch leicht ist das Leben deswegen trotzdem nicht. Da ist es gut, irdische Freunde und vielleicht auch eine göttliche Macht, an der Seite zu Wissen. Am Ostersonntag hat der Singmarathon erst einmal ein Ende, alle Chormitglieder gehen wieder ihre eigenen Wege. Und endlich, endlich darf der Osterhase seinen großen Auftritt haben.

Doch woher weiß der Osterhase eigentlich, wo die Kinder gerade sind? Beim Besuch von Verwandten und Bekannten hat er überall seine Geschenke hinterlassen. Wir haben dem fleißigen Osterhasen schon mal eine Karotte hingestellt. Er hat schließlich reichlich zu tun, diese Tage.

Ebenso süß wie im Osternest, geht es beim Zuckerfest zu, unsere Neuköllner Schule hat für diesen Tag den Kindern den Schulbesuch freigestellt. Zuvor kam vom Hort die Frage, ob die Kinder in der Zeit des Ramadan essen wollen, weil wohl auch viele Schulkinder fasten. Im ersten Moment war die Idee von fastenden Grundschulkindern für mich befremdlich. Doch wenn ich mir den Inhalt meiner regionalen Gemüsekiste vor Ostern ansehe, verstehe ich, warum die christliche Fastenzeit in dieser Jahreszeit liegt. Die Wintervorräte gehen zur Neige, das Frühlingsgemüse muss erst noch wachsen. Schön finde ich den Gedanken einer Bekannten zum Ramadan: „Fasten hilft mir auch im Alltag Entbehrung besser aushalten zu lernen“. Meine Tochter versucht nun einige Tage vor Ostern auf Süßigkeiten zu verzichten. Und in meiner Pfarrei wird dieses Jahr das traditionelle Fastenbrechen mit Erzählungen zum Fasten in den verschiedenen Religionen gemeinsam gefeiert.

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